Düsseldorf
Leere Räume als Fotomotiv
Düsseldorf (RP). Golzheim/stockum Beim Rundgang der Kunstakademie am Ende des Wintersemesters werden jedes Jahr Talente entdeckt, die anschließend oft groß rauskommen. Der Rundgang im Februar hat sich für Julia Gräb gelohnt: Die 21-jährige Fotografin hat Kontakte geknüpft, die ihr gleich zwei Ausstellungsmöglichkeiten bescherten. Zurzeit läuft ihre Ausstellung im "Film Funk Fernseh Zentrum" (FFFZ) der evangelischen Kirche im Rheinland, und demnächst werden ihre Werke mit denen anderer Kunststudenten auch in der Galerie des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) in Flingern hängen.
Bilder zeigen leere Fabrikräume
Julia Gräb ist 21 Jahre alt und kommt aus Düsseldorf-Urdenbach. An der Akademie studiert sie Fotografie und Malerei. Die Ausstellung im FFFZ heißt "Menschenleere" und ist die erste öffentliche Schau überhaupt für die junge Künstlerin. Ihre morbiden Fotografien eines verlassenen Fabrik-Geländes sind großformatig gedruckt, mit Bilderrahmen versehen und an die glatten weißen Wände des großzügigen Ausstellungsraumes gehängt. "Das ist eine große Sache, meine Werke hier zeigen zu dürfen", sagt sie erfreut. "Und das, obwohl ich in der Akademie noch ,Flur-Studentin' bin."
Als "Flur-Studenten" werden diejenigen bezeichnet, die nicht gleich nach der Grundausbildung einen passenden Professoren finden. Aus Mangel an Lehrpersonal und Klassenräumen müssen die Übriggebliebenen auf dem Flur arbeiten und darauf hoffen, im nächsten Jahr mit ihrer Bewerbung Anklang zu finden.
Entmutigen ließ sich Julia Gräb von diesem Zustand aber nicht. Als Fotografin sei sie ohnehin viel unterwegs, digital nachbearbeiten könne sie zu Hause, sagt sie. Und beim Rundgang hing sie ihre Werke eben auch im Flur auf.
Vielleicht war das sogar ein Vorteil, immerhin wurden gleich mehrere Besucher auf ihre Fotografien aufmerksam. Einer davon war Jürgen Jaissle, Leiter des FFFZ. Er fand Gefallen an ihren Bildern, in deren Fokus das Spiel mit Licht und Schatten steht. Die beiden Fachleute kamen ins Gespräch. "Dass er Kurator ist, hat er mir aber erst später verraten", sagt Gräb. Schließlich rückte er aber doch mit der Sprache raus: Er denke darüber nach, eine Ausstellung zu organisieren. Gräb schickte ihm weitere Motive, die Jaissle ebenfalls gefielen – und er sagte zu, die Ausstellung zu realisieren.
Gemeinsam suchten sie nach einem passenden Titel. Gräbs Fotografien zeigen verfallene Industrieräume, heruntergekommene Toiletten und chaotische Büros. Nur eines sieht man nicht: Menschen. Der Titel "Menschenleere" schien daher naheliegend. Möglich war das Einfangen vieler Motive übrigens nur durch eine sehr lange Belichtungszeit von mehreren Minuten, wie Gräb sagt. Die Räume seien sehr dunkel gewesen. Viel Wert habe sie außerdem auf die Komposition gelegt.
Jaissle schwärmte bei der Vernissage: "Authentisch hat Julia Gräb einen Ort und einen Augenblick eingefangen, der aus der Zeit gefallen ist. Man schmeckt die Modrigkeit, fühlt die Einsamkeit, doch meint man, noch die Tritte der letzten Arbeiter und Wachleute zu hören, die das Gelände verlassen." Er hält sie für ein großes Talent. Möglicherweise sieht das einer der Kunstakademie-Professoren bald ähnlich.
Quelle: RP